Positionspapier zur Antisemitismus-Prävention an Schulen

Gemeinsame Erklärung zu Positionen zur Prävention und Intervention gegen israelbezogenen Antisemitismus an Schulen vom 17. Oktober 2023: DEVI e. V., Ibn Rushd-Goethe Moschee gGmbH, »Jehi ˈOr« JBDA gUG, MIND prevention GmbH und WerteInitiative e. V.

Alle an der Prävention und Intervention gegen Antisemitismus an Schulen mit öffentlicher Förderung beteiligten Träger und Projekte müssen dafür Sorge tragen, dass ihre Förderung keinen Organisationen, Personen oder Bestrebungen zugutekommt, die nicht die Gewähr für eine den Werten, Normen und Zielen des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland förderliche Arbeit bieten. Öffentliche Förderung darf in keinem Fall – weder direkt noch indirekt – Organisationen, Personen oder Bestrebungen zugutekommen, die terroristischen Vereinigungen (nach Maßgabe der von der Europäischen Union als terroristisch gelisteten Personen, Vereinigungen und Körperschaften (etwa Hamas, Hizballah, Palestinian Islamic Jihad, Popular Front for the Liberation of Palestine/PFLP) oder deren Vorfeldorganisationen (wie z. B. Samidoun als Vorfeld-Netzwerk der PFLP) zuzuordnen sind oder welche in den Verfassungsschutzberichten der Länder oder des Bundes als zu beobachten eingestuft werden.

Alle an der Präventionsarbeit mit öffentlicher Förderung beteiligten Träger und Projekte müssen das Existenz- und Selbstverteidigungsrecht des Staates Israel und die Arbeitsdefinition Antisemitismus der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken (IHRA) in der von der Bundesregierung empfohlenen erweiterten Form (vgl. „Gegen jeden Antisemitismus! – Jüdisches Leben in Berlin schützen“, Drucksache 18/1061 vom 23.05.2018, https://www.parlament-berlin.de/ados/18/IIIPlen/vorgang/d18-1061.pdf) schriftlich als verbindliche Grundlage der Antisemitismusprävention in den Bereichen Schule und Jugendsozialarbeit anerkennen.

Antisemitisch motivierte Delikte, die z. B. den §§ 130 StGB (Volksverhetzung), 130a StGB (Anleitung zu Straftaten), 131 StGB (Gewaltdarstellung), 140 StGB (Belohnung und Billigung von Straftaten), 189 StGB (Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener) und 192a StGB (Verhetzende Beleidigung) zuzuordnen sind, müssen von der Schule konsequent zur Anzeige gebracht werden, auch wenn die mutmaßlichen Straftäter noch nicht strafmündig sind.

Die Schulen müssen bei Bedarf personell in die Lage versetzt werden, mit konfrontativ-provokativem Dominanzverhalten, das sich auf politisch-extremistische oder ideologisiert-religiöse Hass-Botschaften bezieht, angemessen und konsequent zu reagieren: Lehrkräfte dürfen mit herausfordernden Situationen in diesem Kontext – etwa bei der Pausenaufsicht oder im Unterricht – nicht alleine gelassen werden; Dominanzverhalten mit extremistisch-ideologischem Bezug darf kein Raum zur Entfaltung gegeben werden.

Die pädagogischen Fachkräfte an den Berliner Schulen müssen in der Fähigkeit gestärkt werden, Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen zu erkennen, diesbezüglichen Handlungsbedarf zu benennen sowie Antisemitismus von legitimer Kritik an der Regierung und Politik des Staates Israel und von der authentischen Artikulation von (persönlich oder familiär) erfahrenem Leid im Kontext des Nahostkonflikts zu unterscheiden. Die Schulen müssen besser in die Lage versetzt werden, konkrete Problemlagen mit Bezug zum Antisemitismus und ihre verschiedenen Hintergründe (auch im lebensweltlichen Umfeld ihrer Schülerinnen und Schüler) zu erkennen und zu beschreiben, um an passgenauen Maßnahmen arbeiten zu können.

Die Sicherheit israelischer, jüdischer und mit dem Judentum oder Israel (das dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird) assoziierter Schülerinnen und Schüler an öffentlichen Berliner Schulen vor antisemitisch motivierten Übergriffen, Drangsalierungen, Beleidigungen oder Schmähungen muss – auf dem Schulweg, im Unterricht und in den Pausen – gewährleistet werden. Bei Hinweisen auf entsprechende Problemlagen müssen die Schulen (Schulleitungen) jeweils angemessene Sicherheitskonzepte entwickeln.

Neben der Stärkung der Interventions- und grenzsetzenden Handlungsfähigkeit der Schulen und der pädagogischen Fachkräfte muss gegenüber Dispositionen für antisemitische und projektiv-wahnhafte Weltvorstellungen auch die mittel- und langfristige Primärprävention an den Schulen verstärkt und dauerhaft etabliert werden. Niedrigschwellige Angebote der antisemitismuskritischen Wertebildung zur Förderung der Demokratie- und Menschenrechtskompetenz in Wertschätzung des jüdischen Beitrages zum aufgeklärten Humanismus, die Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz sowie lebensweltliche Erfahrungen junger Menschen positiv aufgreifen, müssen für alle Schulen zugänglich sein bzw. schulspezifisch entwickelt werden.

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